Archiv für den Monat: Dezember 2014

„I wer narrisch!“ – Österreichischer Wein in Berlin

„Toooor, Toooor, Toooor – i wer narrisch!“: Selbst wer sich gar nicht für Fußball interessiert, weiß in Österreich  Edi Finger seniors legendären Radiokommentar zu verorten. Er markiert Österreichs 3:2-Sieg gegen Deutschland bei der WM 1978 in Cordoba, Argentenien. Ist schon eine ganze Weile her und für Fußballbegeisterte eigentlich traurig, dass sich die Sportnation noch immer wehmütig mit diesem singulären Ereignis auf die Schulter klopft. Aber was hat das alles jetzt mit Wein zu tun?

Sehr viel, wie FrauWEIN bei ihrem Silvesterbesuch in Berlin erfahren hat. Hier betreiben ein paar Steirer die Cordobar – eine „deutsch-österreichische Weinbar“ mit kleinem Restaurant. Und hier gibt es nicht nur die wahrscheinlich beste Auswahl österreichischer Weine in der deutschen Bundeshauptstadt – sondern mit Lukas Mraz kocht dort auch noch der Sohn von Markus Mraz vom hochprämierten Mraz und Sohn in Wien.

Was Mraz unter „kalten und warmen Snacks“ auf den Tisch bringt, ist schon mal großartig. Ein vegetarisches Tartare aus g eräuchteren Tomaten, das fast das traditionelle Beef Tartare – das bei Mraz natürlich auch alles andere als traditonell zubereitet ist – in dene Schatten stellt. Eine Blun’zn-Pizza, die die amerikanischen Touristen am Nebentisch völlig begeistert – vor allem, wegen der eigens hergestellten Take away-Schachtel, in der sie serviert wird.

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Und die Weine? Ja, da bekommen die Berliner schon was Ordentliches. Wobei die Preise zum Teil etwas hochgegriffen sind, wie FrauWEIN findet. Aber es finden sich durchaus auch leistbare Vertreter des österreichischen Winzertums im „großen Weinbuch“. Und es gibt immer ein paar Magnums, aus denen glasweise ausgeschenkt wird.

FrauWEIN, HerrWEIN und Berliner Begleitung genossen also zur Einstimmung den ebenfalls auch glasweise angebotenen Morillon 2013 vom Herrenhof Lamprecht aus Pöllau bei Gleisdorf. Ein FrauWEIN bisher unbekannter Winzer, ja, nicht einmal dass dort im Norden des südoststeirischen Vulkanlands auch schon Wein gemacht wird, wusste sie. Da haben Weinpresse und Weinquellen schon mehr Ahnung, wie deren Verkostungsberichte zeigen.

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Der Morillon vom Herrn Lamprecht, der auf seiner Website übrigens auch einen recht netten Blog betreibt, ist ein klarer, leichtfüßiger Chardonnay, mit feinen Fruchtaromen, aber auch ganz sanften Butter- und Nusstönen. Ein trinkfreudiger Wein

Ganz anders wie das, was FrauWEIN und Co. als nächstes ordern: Wieder einen Chardonnay, diesmal aber aus dem Burgenland, vom Weingut Schönberger aus Mörbisch, Jahrgang 2011. Der war dann nicht mehr so leichtfüßig, dafür umso intensiver. Schon in der Nase intensive Fruchtaromen, vom Weingartenpfirsich bis hin zu exotischeren Früchten, leichte Honignoten, leichte toastige Töne, aber auch eine gewissen Mineralik. Am Gaumen bestätigt sich der Duft, gemischt mit feinem Schmelz, das ist schon ein toller Wein.

Zum Abschluss dann noch ein Glaserl aus der Magnum: Grüner Veltliner Reserve vom Weingut Alzinger aus der Wachau, Jahrgang 2004. Mit 14,5 Prozent Alkohol geht da eh kaum mehr als ein Glas und essen muss man zu dem Wein auch nix mehr, der steht für sich. Unglaubliche reife Fruchtaromatik, sanfte Honigtöne, klare Noten von Botrytis und im Abgang noch starke, gut eingewobene Säure.

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Und die deutschen Weine? Die gibt es auch in der Cordobar. Aber FrauWEIN war diesmal patriotisch – und beim Wein ist das Match Deutschland-Österreich aus FrauWEINs Sicht ohnehin auch ganz klar entschieden – patriotisch, versteht sich.

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Aus ‚frisch und knackig‘ wird ‚Samt und Seide‘

Sauvignon Blanc aus der Südsteiermark, das ist in der Regel ein frischer, knackiger Wein, der perfekte Genuss für warme Sommertage. Sauvignon Blanc hat aber auch unglaubliches Reifepotenzial, wie FrauWEIN schon öfter erlebt hat  – so auch in diesem Fall.

Ein Sauvignon Blanc Sulz vom Weingut Gross aus der Südsteiermark, Jahrgang 2003 hatte den Weg zu FrauWEIN gefunden. Strohgelb im Glas, zunächst noch eher verhalten in der Nase, da wusste FrauWEIN in der Blindverkostung erst einmal wenig mit dem Wein anzufangen. Ein bisschen Zeit taten dem Wein und FrauWEINs Geschmackserlebnis gut. In der Nase tauchten dann reife Fruchtaromen auf, Grapefruit war auch dabei, reife gelbe Paprika und ein Hauch von Johannisbeerknospe. Nach noch ein bisschen mehr Zeit wurden auch die Holztöne kräftiger.

Geschmeckt hat der Wein fabelhaft: Zuerst gute Säure, auch leichte Mineralik, dann cremiger Schmelz am Gaumen und ein langer Abgang, das hat FrauWEIN richtig Spaß gemacht.

Das Weingut Gross gehört genauso wie FrauWEINs Hochzeitswinzer Neumeister zur Vereinigung STK – steirische Klassik. Günstig sind die Weine von allen zehn STK-Winzern nicht – aber gerade bei den Lagenweinen ist halt auch die Qualität immer wieder herausragend. Und so ein gutes Flascherl gönnt sich FrauWEIN gerne immer wieder mal.

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Zum Jahrestag nur das Beste

Wenn FrauWEIN und HerrWEIN ihren Jahrestag feiern, da muss natürlich auch ein besonderer Wein her. Gar nicht so einfach bei dem, was die WEINs dieses Jahr schon alles getrunken haben. HerrWEIN hat aber trotzdem einen tollen Tropfen für den Anlass gefunden: Ein Grüner Veltliner Smaragd Schütt vom Weingut Emmerich Knoll aus der Wachau, Jahrgang 2006.

Hach, was für ein Wein! Schon die Farbe macht FrauWEIN Freude: Goldgelb mit schillernden, leuchtenden Reflexen, ein richtiger Parade-Smaragd. Die erste Geruchsprobe steigert die Vorfreude: Reife Pfirsiche, Banane und leicht rauchige Noten, dazu ein Hauch von Honig und Veilchen, mmmmh. Und auch der Geschmackstest bestätigt: Das ist ein Wein für FrauWEIN, endlos im Abgang, herrlich geschmacksintensiv, aber auch mit guter Säurestruktur. Da ist auch HerrWEIN mit seiner Wahl zufrieden.

Der bei Niedrigtemperatur gegarte Kalbsrücken mit Kräuterseitlingen und – eh klar – selbstgemachten Tagliatelle, den die WEINs dazu genießen, unterstreicht das Geschmackserlebnis. Ein perfektes Jubiläumsdinner!

Vor lauter Genießen hat FrauWEIN das Fotografieren vergessen – Weinliebhaber kennen das einprägsame Etikett mit dem Bildnis des Heiligen Urban aber ohnehin gut, es ist seit Jahren unverändert.

Veltliner Smaragd, 20 Jahre alt – gut!

Ein 20 Jahre alter Weißwein – wer trinkt denn sowas? Und: Kann das  überhaupt noch gut sein? Eine typische Reaktion von weniger weinaffinen Menschen, wenn ihnen mal ein gereifter Tropfen angeboten wird. FrauWEINs Antworten sind: ich, zum Beispiel und, ja, sogar sehr gut!

Und genau so ein Glückserlebnis gab es zuletzt mit einer Kostprobe aus HerrnWEINs Keller: Eine Flasche Grüner Veltliner Smaragd Honivogl vom Wachauer Traditionsweingut Hirtzberger – aus dem Jahr 1994. Das Alter sah man dem Wein im Glas durchaus an: Dunkles Gelb und eine fast schon ölige Konsistenz machten klar, ein junger Herr ist das nicht. In der Nase dann schon Petrolnoten, aber auch sehr reife Quitten und Birnen und ein wenig weißer Pfeffer – spannend! Im Mund fällt dann als erstes die leichte Botrytisnote auf, aber auch die Säure ist noch spürbar, sehr ausgewogen und vor allem samtig-weich am Gaumen.

Die besten Aromen entfaltet der Wein erst am zweiten Tag, 24 Stunden nach seiner Entkorkung. Wer so lange in der Flasche war, braucht manchmal auch Zeit, sich wieder voll zu entfalten. Und dass der Wein das aushält, ist auch ein Zeichen seiner Qualität. Dass Hirtzberger zu den besten Winzern gehört, die Österreichs Weinberge bewirtschaften, hat schon auch seinen Grund, findet FrauWEIN.

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Gereifter Morillon macht Freude

Chardonnay, oder sein steirisches Pendant, Morillon: Ja, das ist einfach eine Rebsorte, die FrauWEIN gerade ganz besonders schmeckt. Und wenn es noch ein im Holzfass ausgebauter, kraftvoller Vertreter seiner Sorte, der auch schon ein bisschen Zeit zum Reifen hatte ist, dann ist FrauWEIN glücklich.

So wie zuletzt mit einem schon vergessenen Fund aus dem eigenen Keller von FrauWEIN und HerrWEIN: Da ist noch eine Flasche Morillon Oberglanzberg 2007 vom Tschermonegg aus Glanz in der Südsteiermark aufgetaucht. Damals, gerade flaschengefüllt, bei einem Kurzurlaub an der traumhaften Weinstraße gekauft und dann ganz hinten im Weinkeller verschwunden. Die Lagerung hat dem Wein nur gut getan.

In der Nase dominieren vollreife Früchte, Ananas, aber auch Birne und eine leichte Note von Haselnuss und Mandelblüte ist da zu riechen, sehr vielversprechend. Der Wein schmeckt dann auch: Die Früchte sind voll und cremig, die Holztöne gut eingebaut, ein Wein auf der Höhe seiner Zeit. Leider auch schon wieder die letzte Flasche – FrauWEIN sollte öfter mal ein paar Schätze im Weinkeller „vergessen“.

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