Archiv für den Monat: November 2014

Weinkost, Weinfrust?

Wein&Co.s  MondoVino ist geschlagen, schon lädt das Falstaff-Magazin zur Rotwein-Gala:  In Wien – aber auch anderswo – jagt mittlerweile eine Weinverkostung die nächste. Das findet FrauWEIN grundsätzlich fein, weil sie es liebt, neue Weine zu probieren, zu vergleichen und dabei auch noch den direkten Kontakt mit den Winzern schätzt. Genau das ist bei den meisten großen Weinverkostungen aber leider nicht mehr möglich, weshalb FrauWEINs Lust auf diese rapide abgenommen hat.

Anspruch und Wirklichkeit klaffen einfach zu sehr auseinander. Gut, dass FrauWEIN bei so einer Veranstaltung nicht allein ist, erwartet sie nicht. Das Gespräch mit anderen Weinfreunden kann auch sehr anregend sein.

Tatsächlich aber erlebt FrauWEIN die großen Verkostungen zunehmend so: Um an ein Glas Wein zu kommen, muss FrauWEIN sich von Winzertisch zu Winzertisch durch die Menschenmassen zwängen. Dabei sind nicht alle so höflich wie FrauWEIN und stellen sich an – viele kommen mit Ellbogeneinsatz schneller an ihr Kostglas. Ist FrauWEIN dann zum Winzer vorgedrungen, ist der meistens ziemlich verschwitzt und gestresst und hat alle Hände voll zu tun, seinen begehrten Rebensaft auszuschenken. Für Fachsimpeleien bleibt da kaum Zeit – und schon ist FrauWEIN auch wieder weggerempelt.

Mit fortschreitender Stunde trifft FrauWEIN dann zwischen den Profikostern, die sogar den eigenen Spuckbecher mithaben auf jene Zeitgenossen, die einen solchen besser öfter gebrauchen sollten. Die, die halt um ihr Eintrittsgeld möglichst viel Wein = Alkohol wollen.

FrauWEIN ist mit ihrem Frust über solche Veranstaltungen nicht allein, auch das zeigt sich dort immer wieder. MondoVino und Rotwein-Gala lässt FrauWEIN heuer aus. Zum Weinverkosten fährt sie dann lieber zu den Winzern direkt. Auch die laden gelegentlich zu regionalen Weinverkostungen ein, wo viele ihre Kellertüren öffnen und man gegen ein einmaliges Eintrittsgeld auch bei allen kosten kann. Bestens organisiert und mit vielen Top-Winzern aufwartend und zivilisierten Gästen ist da zum Beispiel der Kamptaler Weinfrühling. Auf den freut sich FrauWEIN schon wieder.

Ein Bilderbuch-Chardonnay aus Österreich

Also wenn HerrWEIN seine Schätze aus dem Keller zaubert, kann er FrauWEIN damit schon ganz schön glücklich machen. Nur kurz nach dem wunderbaren Roten Traminer Steintal vom Neumeister hat HerrWEIN jetzt wieder so einen Welt-Wein serviert – eine Flasche, die er eigentlich schon verschenken wollte, aber dann hat sich das Etikett von der Flasche gelöst und so geriet sie kurzerhand zur Kostflasche für den zweisamen Abend.

Da stand also ein Chardonnay  Große Reserve aus dem Jahr 2000 vom Weingut Malat im Kremstal. Ein Wein, den es auch mit Etikett so nicht mehr gibt, zumindest bietet Malat auf seiner Website nur den Chardonnay Classic und den Chardonnay Hochrain an. Schade, den die Große Reserve war wirklich groß: Ein sehr typischer Burgunder, die Fruchtnoten sehr gereift (Banane), aber auch sanfte Honigtöne, ein wenig Butter und Karamell und perfekt strukturierte Holzanklänge, die aber nicht zu dominant waren. Ein derart ausgewogener Wein, der neben viel Frische auch die feine Cremigkeit, die FrauWEIN an Chardonnays so liebt, hatte, dass es eine richtige Freude war.

Da kann FrauWEIN nur hoffen, dass die Malats doch
wieder einmal eine Große Reserve angehen. Weinfreunde würde es freuen.

Ein Wein vom Hochzeitswinzer

FrauWEIN übt sich gern im Blindverkosten, nur so kann sie schließlich ihre Weinsinne trainieren. Das wird umso schwieriger, als aus HerrnWEIN s umfangreichem Keller ja so alles Mögliche daherkommen kann. Zuletzt hat HerrWEIN FrauWEINs Gaumen aber wieder sehr erfreut: Im Glas ein gelb-goldener Wein, in der Nase reife Früchte, auf der Zunge cremige Furchtigkeit. FrauWEINs erster Tipp: Das ist wohl ein Burgunder, am ehesten Chardonnay.

FrauWEIN lag diesmal falsch, denn HerrWEIN tischte auf: Roter Traminer Steintal, Jahrgang 2002, von WEINs Hochzeitswinzer Neumeister auf. Das Etikett ist für heutige Verhältnisse schon fast antiquarisch, dem Wein merkte man sein Alter dagegen nicht an. Wundervolle Reife, aber auch fruchtige Frische. Reife Melone und Banane, Röstaromen, ein cremig-feiner Abgang bei doch guter Säure und ausgeprägter Würze. Dieser Wein war ein Gedicht und auf der Höhe seiner Trinkreife. Leider war das HerrnWEINs letzte Flasche aus dem Jahr.

. IMAG1054

Gut und günstig – gibt’s auch im Piemont

„Vino rosso, per favore“.  „Il nostro?“ „Si!“: Mit FrauWEINs Italienischkenntnissen steht es leider nicht so gut, wenn der Wirt in einem italienischem Lokal mit stolzgeschwellter Brust „unseren“ anbietet, dann sagt FrauWEIN nicht Nein. Schon gar nicht im Piemont. Was bei den Preisen für die großen Barolos und Barbarescos der Region durchaus ein Fehler sein kann, wenn die Geldbörse nicht so prall gefüllt ist – nicht aber in dem kleinen, urigen Lokal mitten im Monferrato, der weniger touristischen Gegend des Piemont.

Der „unsrige“ war dann zwar nicht direkt vom Wirt, sondern vom Winzer seines Vertrauens im Nachbardorf, aber trotzdem eine echte Empfehlung. Ein Barbera del Monferrato von Nuova Cappelleta aus Vignale Monferrato. Zugegeben, mit mehr als 14 Prozent ein schwerer, alkoholintensiver Wein, aber das ist bei Piemonteser Weinen ohnehin nicht so selten. Und am Gaumen macht sich der Alkohol ganz und gar nicht breit. Da sind es volle, reife Fruchtaromen, sonnengereifte Kirschen und die gut eingebaute Säure, die Trinkvergnügen bereiten.  Selbst  Weinikone Jancis Robinson lobt in ihrem Blog den einstigen Alltagswein Barbera als aufstrebende Rebsorte.

Dass Nuova Cappelleta als Bio-Weingut sogar nach Demeter zertifiziert ist, weckt Interesse. Und so heißt es für Frau und HerrWEIN am nächsten Tag nichts wie hin. Das Weingut präsentiert sich als echter Bauernhof, auch Rinder werden hier artgerecht gezüchtet. Der Verkostungsraum, neben der Scheune, ist unbesetzt, doch von irgendwoher kommt der Herr des Hauses und empfängt mit einem italienischen Redefluss.

„Vino, degustazioni?“ – FrauWEIN sollte echt italienisch lernen, im Monferrato sind Fremdsprachen ein Fremdwort. Der gute Mann aber versteht, er öffnet seinen Verkostungsraum und tischt von allen Weinen auf. Nicht nur drei verschiedene Barbera, auch den autochthonen Freisa und Chardonnay keltert das Weingut. Der Barbera gefällt auch ohne Essen und so wandern zwei Kisten in den Kofferraum. Bei einem Preis von ca. 6 Euro pro Flasche auch kein Wunder.

Vier Jahre ist das mittlerweile her, die letzte Flasche haben Frau und HerrWEIN gerade geleert. Und festgestellt, dass Nachschub durchaus angebracht wäre.

wpid-imag1050.jpg